Bilanz 2024, Vorsätze 2025
Erster Schnee, Adventskalender und Samichlaus lassen Kinderherzen höherschlagen. Zur Vorweihnachtszeit gehört auch, dass uns das Wirtschaftsmagazin «Bilanz» mit der Liste der 300 Reichsten der Schweiz beschenkt. Diese verfügen über ein Vermögen von 833’500’000’000 Franken. 40 Milliarden Franken mehr als im Vorjahr. So viel wie noch nie.
Man begegnet in der aktuellen Ausgabe mit der festlichen Titelseite in Schwarz und Gold Superstars wie Roger Federer, Michael Schumacher oder Robbie Williams. Fernab der Spitzenpositionen. Dort dominieren die Namen anderer Familien. Respektive deren Erben. Mit 37 Milliarden Franken führt Gérard Wertheimer die Liste an. Er ist Chanel-Erbe. Gefolgt von den Familien Hoffmann, Oeri, Duschmalé – allesamt Roche-Erben. Für die Söhne des 2018 verstorbenen IKEA-Gründers Ingvar Kamprad reichte es mit rund 10 Milliarden Franken erstmals nicht mehr in die Top 10.
Legen wir die «Bilanz» beiseite. Und nehmen eine andere aktuelle Publikation zur Hand: «Die materielle Situation von Kindern und Jugendlichen in der Sozialhilfe». Verfasst vom Büro BASS im Auftrag der Charta Sozialhilfe. 76’000 Kinder und Jugendliche wurden 2022 in der Schweiz durch Sozialhilfe unterstützt. Die Sozialhilfequote bei den unter 18-jährigen betrug 4,8 %. Der mit Abstand höchste Wert aller Altersgruppen unter 65 Jahren. Die höchste Sozialhilfequote nach Alter hatten 2022 übrigens sechsjährige Kinder.
Entscheidend für das Armutsrisiko von Kindern ist gemäss Studie die Familienkonstellation, etwa Einelternhaushalte, Paarhaushalte mit drei und mehr Kindern sowie Familien mit jüngeren Kindern. Kommt bei den Eltern ein geringer Bildungsstand dazu, erhöht sich das Risiko, dass die Armut zur nächsten Generation weitergegeben – also quasi vererbt – wird.
Die Studienautoren kommen zum Schluss, «dass die aktuellen Sozialhilfeleistungen für Kinder teilweise unzureichend sind, um ihnen einen angemessenen Lebensstandard zu gewährleisten und ihre Bedürfnisse zu decken». Die 14 Empfehlungen der Studie – Anpassungen bei der Sozialhilfe, Familien-Ergänzungsleistungen und ein gutes Angebot an Kita-Plätzen – kann man auch als Weihnachtswunschliste von Kindern an Politiker:innen lesen. Oder als Vorsätze für unser politisches Handeln im neuen Jahr. Denn wenn auf der einen Seite Milliarden und auf der anderen Seite Armut weitervererbt werden, haben wir vieles falsch gemacht.
Nicolas Galladé, Stadtrat und Vorsteher Departement Soziales