Am letzten Montag hat der Gemeinderat das Budget der Stadt Winterthur für das kommende Jahr verabschiedet. Das ging erfreulicherweise so geräuschlos wie selten über die Bühne. Die meisten Anträge waren unspektakulär: Der Verein Ferienprogramm erhält neu 25’000 Franken. Die Sportvereine erhalten 35’000 Franken, um ihre Mehrkosten für die Kostenpflicht bei Parkplätzen abzumildern. Die Sachkosten für externe Gutachten im Bau werden um 100’000 Franken reduziert. Diese Anträge werden die einen Betroffenen freuen, andere werden sich ärgern. Matchentscheidend für die finanzielle Zukunft unserer Stadt sind sie aber nicht.
Eher nebenbei wurde die wesentlichste Veränderung, die das Budget bringt, erwähnt: Die Verbesserung von rund 16 Millionen Franken aufgrund der Erhöhung des kantonalen Anteils bei den Zusatzleistungen zur AHV und IV. Dabei handelte es sich weder um «Glück» noch um ein «grosszügiges Geschenk», wie gemeinderätlichen Voten zu entnehmen war. Diese Gesetzesänderung ist eine direkte Folge der langjährigen Bemühungen für einen faireren Soziallastenausgleich. Sie fand durch überzeugende Argumente, gute Vernetzung, viel Ausdauer und tragfähige Allianzen im Kantonsrat eine Mehrheit. Eine Mehrheit, die nach einem Referendum der SVP auch durch die Stimmbevölkerung des Kantons Zürich klar bestätigt wurde. Die Wirkung ist substantiell: 16 Millionen Franken entsprechen der Grössenordnung eines halben Sparprogrammes. Letzteres ist erfahrungsgemäss meist nicht nachhaltig – die damit verbundenen imagemässigen Reputationsschäden dagegen schon.
Die Lehre aus dem Budget 2022 lautet: Fokussieren wir unsere Ressourcen – in der Finanzpolitik, aber auch ganz allgemein – dort, wo wir Wirkung erzielen. Verfolgen wir konsequent die grossen Linien, statt uns im «Kleinklein» zu verlieren. Konkret: Entwickeln wir die – erfolgreiche – Forderung nach einem fairen Soziallastenausgleich weiter. Zu einer Entwicklungsdividende für die kommunalen Leistungen für einen prosperierenden Kanton. Und bekämpfen wir gemeinsam, entschieden und kompromisslos die Bestrebungen der SVP, den kantonalen Zentrumslastenausgleich um einen Drittel zu kürzen. Das würde Winterthur teuer zu stehen kommen: Eine Verschlechterung von knapp 30 Millionen Franken – also der Grössenordnung eines Sparprogrammes – wäre katastrophal.
Nicolas Galladé, Stadtrat Soziales