«Fast zu schön, um wahr zu sein»
Diese Aussage machte Thomas Wolf, SVP-Fraktionspräsident im Grossen Gemeinderat, Mitte Juli in der NZZ zur Erkenntnis, dass dank mehr Sozialarbeitenden Kosten reduziert werden. Dies das Fazit der Analyse zur Wirkung des Stellenausbaus in der Sozialhilfe der Stadt Winterthur. Die wichtigsten Ergebnisse der Studie durch das Büro für arbeits- und Sozialpolitische Studien (BASS):
- Investitionen in soziale Arbeit zahlen sich – im wahrsten Sinne des Wortes – aus: Für die Sozialhilfebeziehenden, die vermehrt wirtschaftlich unabhängig werden und nicht mehr auf die Sozialhilfe angewiesen sind. Aber auch für die Steuerzahlenden.
- Die Nettokosten pro verbleibenden Fall sinken um rund 2 Millionen Franken. Zusätzlich werden dank engerer Betreuung 27 Prozent mehr Fälle aus der Sozialhilfe abgelöst. Das entspricht 2,3 Millionen Franken pro Jahr. Stellt man diese Verbesserungen den zusätzlichen Personalressourcen (1,6 Millionen Franken) gegenüber, resultiert eine Einsparung von 2,7 Millionen Franken.
- Konkret bedeutet die erhöhte Ablösequote, dass rund 200 Menschen pro Jahr weniger auf Sozialhilfe angewiesen sind. Indem sie eine Stelle auf dem Arbeitsmarkt finden. Oder durch Geltendmachung von Leistungen wie Sozialversicherungen oder Stipendien. Beides hat zur Folge, dass sie mehr Geld zum Leben haben.
Das Winterthurer Projekt und die Studie fanden breite Beachtung. Als «wegweisend für die ganze Schweiz» stufte sie eine Sprecherin der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (Skos) in derselben NZZ-Ausgabe ein. «Winterthur als Vorbild» titelte die NZZ am Sonntag. Und in der Schweiz am Wochenende lobte Christoph Eymann, Skos-Präsident und liberaldemokratischer Nationalrat aus Basel die «Winterthurer Pionierarbeit».
Die Studie wurde in der Kommission für Soziales und Sicherheit (SSK) des Grossen Gemeinderates vorberaten. Am 20. September, fast sieben Jahre nachdem erstmals Mittel für dieses Projekt beantragt wurden, war das Geschäft im Gemeinderat traktandiert. Sämtlichen Fraktionen – von jenen, die das Projekt von Anfang an unterstützten bis zu jenen, die sich noch vor einigen Jahren gegen zusätzliche Ressourcen stellten – äusserten sich differenziert und wohlwollend. Der Gemeinderat beschloss zustimmende Kenntnisnahme. Einstimmig. Ein Paradebeispiel, wie Politik im Idealfall funktionieren könnte. Fast zu schön, um wahr zu sein.
Nicolas Galladé, Sozialstadtrat