Haben Sie schon abgestimmt?
Oder gehören Sie wie ich zu den 87 % der Winterthurer Stimmberechtigten, die – Stand vorgestern Dienstag – noch nicht abgestimmt haben? Am übernächsten Sonntag ist es so weit. Auf Bundesebene bewegt die Vorlage zur beruflichen Vorsorge. Und die Biodiversitätsinitiative. Lokal geht es um die Erneuerung der Kehrichtverbrennungsanlage. Und auf kantonaler Ebene stimmen wir über eine Änderung im Bildungsgesetz ab. Klingt unspektakulär. Ist es auch. Worum geht es?
Im Kanton Zürich werden auszubildende Personen mittels Stipendien unterstützt. Drei Viertel betreffen Personen in Lehrlingsausbildung, an einer Fachmittelschule oder an einem Gymi. Stipendien sind eine geniale Sache. Sie leisten einen wichtigen Beitrag für mehr Chancengerechtigkeit. Weil sie auch Ausbildungen für jene ermöglichen, die es sich sonst aufgrund der finanziellen Situation in ihrem Elternhaus nicht leisten können.
Mit der Vorlage soll die Einschränkung aufgehoben werden, dass vorläufig aufgenommene Ausländerinnen und Ausländer erst nach fünf Jahren stipendienberechtigt. Vorläufig Aufgenommene sind Personen, deren Asylgesuch abgelehnt wurde, weil sie nicht individuell verfolgt werden. Die aber aufgrund der dortigen Situation nicht in ihr Herkunftsland zurückkönnen. Meist handelt es sich um Menschen, die vor Kriegen geflüchtet sind. Deshalb gelten sie als schutzbedürftig. Entgegen der irreführenden Bezeichnung bleiben «vorläufig Aufgenommene» zu rund 90 Prozent dauerhaft hier. Deshalb erhalten sie im Rahmen der Integrationsagenda Schweiz dieselbe Integrationspauschale wie anerkannte Flüchtlinge. Und es gelten die gleichen Ziele. Etwa: «Fünf Jahre nach Einreise befinden sich zwei Drittel aller vorläufig aufgenommenen Ausländer und anerkannten Flüchtlinge im Alter von 16 bis 25 Jahren in einer postobligatorischen Ausbildung.»
Eine anspruchsvolle, aber sinnvolle Zielsetzung. Deren Erreichung das neue Bildungsgesetz unterstützt. Eine frühzeitige Investition in die Ausbildung entspricht allen fachlichen und praktischen Erkenntnissen. Darunter auch die Tatsache, dass es sich lohnt. Für die betroffenen Menschen, die wirtschaftlich selbständig und von der Sozialhilfe unabhängig werden. Und für die Staatskasse und die Steuerzahlenden, weil es sich auch finanziell lohnt. Ich folge auch deshalb mit Überzeugung der Empfehlung von Kantonsrat und Regierungsrat. Und stimme am 22. September JA zum Bildungsgesetz.
Nicolas Galladé, Stadtrat und Vorsteher Departement Soziales