Zum Beispiel Dübendorf

Ein funktionierendes System der Existenzsicherung ist grundlegende Voraussetzung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und eine erfolgreiche Wirtschaft. Das hat die Corona-Pandemie gezeigt. In wenigen Ländern waren die in der Pandemie eingesetzten staatlichen Unterstützungshilfen wirksamer als in der Schweiz. Gleichzeitig feierten in letzter Zeit innovative Ansätze in der Sozialhilfe ein Comeback. Die Stadt Zürich hat das von der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) propagierte Konzept «Arbeit dank Bildung» pionierhaft umgesetzt. Es geht darum, gezielt in die (Nachhol)Bildung zu investieren, um Armutsrisiken ursächlich zu bekämpfen. In der Stadt Winterthur hat das Stadtparlament auf Initiative der SP und verbündeter Parteien ein entsprechendes Postulat überwiesen. Mit der Integrationsagenda hat die Schweiz ein durchdachtes Konzept mit ambitionierten Zielen auf den Weg gebracht, um die anspruchsvolle Integration im Flüchtlingsbereich zu verbessern. Und in der Stadt Winterthur konnten wir aufzeigen, dass sich Investitionen in Personal in der Sozialberatung für alle Beteiligten auszahlen.

Das war nicht immer so. Im letzten Jahrzehnt dominierte das Gegenkonzept: Statt Armut zu bekämpfen, Armutsbetroffene zu bekämpfen. Forderungen wie Kürzung der Sozialhilfe, mehr Sanktionen, verstärkter Druck auf die Betroffenen und diese durch rechtsstaatlich grenzwertige Schikanen abzuwehren oder rauszuekeln wurden mehr oder weniger unverblümt gestellt. Auch in Winterthur. Das gilt auch für die Forderung nach dem rein symbolischen Austritt aus der SKOS. Zwei Städte, Rorschach und Dübendorf, hatten diesen Austritt mit viel Getöse vollzogen. Sie waren die Speerspitze des von der SVP propagierten Angriffs auf die Sozialhilfe. Letzte Woche wurde die «Administrativuntersuchung Sozialhilfe Stadt Dübendorf» publiziert. Das 155-seitige Gutachten von Rechtsanwalt Tomas Poledna zeigt eindrücklich die Folgen auf, wenn Schlüsselpersonen aus Politik, Verwaltung und Sozialbehörden sich nicht dem Rechtsstaat verpflichtet fühlen, Fachlichkeit übergehen und Zuständigkeiten nicht geregelt sind. Die Tragweite geht über die nachgezeichneten Verfehlungen hinaus. Bei den Folgerungen ortet Poledna ein grundlegendes Problem der Stadt Dübendorf: «Es geht um das Vertrauen in eine sachlich korrekte Erledigung der Sozialhilfeaufgaben.»

Nicolas Galladé, Stadtrat Soziales