Krieg in Europa – Solidarität in der Schweiz

Heute vor drei Wochen hat Wladimir Putin den Angriffskrieg gegen die Ukraine begonnen. Krieg, Verwüstung und Elend mitten in Europa. Ohnmächtig verfolgen wir den Kriegsverlauf in den Medien. Millionen von Menschen befinden sich auf der Flucht.

Die Solidarität ist gross. Auch in der Schweiz. Es gibt Friedensdemonstrationen und Kundgebungen. Ukrainische Fahnen wehen in Winterthur und anderen Städten. Es wird für Hilfe vor Ort gespendet. Private und Organisationen sind bereit zu helfen.

Europa und auch die Schweiz haben eine rasche und unkomplizierte Aufnahme versprochen. Der Bundesrat hat letzte Woche beschlossen, den Schutzstatus S erstmalig anzuwenden: Flüchtlinge aus der Ukraine erhalten zumindest für eine gewisse Zeit Schutz, ohne ein individuelles Asylverfahren zu durchlaufen.  Sie erhalten sofort eine Arbeitserlaubnis, der Familiennachzug ist gewährleistet, ebenso die Reisefreiheit.

Was für eine rasche Aufnahme und viele andere Belange gut ist, hat einen massiven Konstruktionsfehler: Der Schutzstatus S ist «rückkehrorientiert». Demzufolge ist auch keine Integration dieser Menschen vorgesehen. Das widerspricht sämtlichen fachlichen Erkenntnissen. Während seit drei Jahren für alle Asylsuchenden mit «Schutzbedarf» («vorläufig Aufgenommene» und «anerkannte Flüchtlinge») in der Schweiz die Integrationsagenda mit ambitionierten Zielen gilt und der Bund 18’000 Franken investiert, will der Bundesrat ausgerechnet bei den ukrainischen Flüchtlingen mit «Schutzstatus S» keinen Franken in die Integration investieren. Es ist anzunehmen, dass wenn Menschen aus der Ukraine in sehr grosser Zahl in die Schweiz kommen – und danach sieht es aktuell leider aus – diese wohl für längere Zeit nicht in ihre Heimat werden zurückkehren können.

Aktuell geht es darum, für die immer grösser werdende Anzahl von ukrainischen Flüchtlingen in der Schweiz eine gute Unterbringung zu finden. Das wird eine immense logistische und organisatorische Herausforderung. Aber noch grösser dürfte die Herausforderung sein, dass langfristig die Integration dieser Menschen gelingt – hier oder dereinst bei ihrer Rückkehr in ihre Heimat. Wir tun also gut daran, rasch den Fehler des Schutzstatus S zu korrigieren – um eine gelingende Integration zu unterstützen. Daran wird dereinst unsere Solidarität und jene der Schweiz mit den Kriegsflüchtlingen und mit der Ukraine gemessen.

Nicolas Galladé, Stadtrat Soziales